Dorfwerkstatt: Winden packt die Zukunft an
Wie lässt sich der Windener Dorfkern attraktiver gestalten, wie lässt sich das soziale Miteinander verbessern, wie die Jugend zum Mitmachen aktivieren? Für die Windener Dorfwerkstatt gibt es eine Fülle an Aufgaben. 25 Männer und Frauen aus allen Altersschichten trafen sich am Montagabend im Pfarrheim, um über die Zukunft ihres Dorfes nachzudenken. Moderiert wurde der Abend von den beiden Planerinnen Silvia Scheu-Menzer und Eva Steinberger-Theisen aus Kruft, die vom Gemeinderat mit der Dorfmoderation beauftragt wurden.
Dass es gar nicht so einfach ist, Menschen mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen von dem Begriff „Dorfwerkstatt“ auf einen Nenner zu bringen, zeigte sich gleich zu Beginn der Sitzung, zu der Ortsbürgermeister Gebhard Linscheid eingeladen hatte. Während die beiden Planerinnen zunächst nur das Thema Flurbereinigung im Dorfkern ansprachen, forderten die Bürger, die Aufgaben der Dorfwerkstatt deutlich weiter zu fassen und vor allem den Aspekt der Dorfgemeinschaft einzubeziehen. Also hieß es zunächst einmal, Vorschläge und Ideen zu sammeln, mit denen man sich in den kommenden Monate befassen will. „Unser Ziel muss sein, die Lebensqualität im Ortskern zu verbessern und dabei auch die soziale Beziehungen einzubeziehen“, sagte Werner Nick vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel.
„Ich habe die Hoffnung, dass die Dorfkneipe wiederbelet wird“, sagte Bettina Krauß und mit ihr mehrere Teilnehmer der Versammlung, die es schade finden, dass Winden keine Gastwirtschaft mehr besitzt, wo sich Bürger treffen und unterhalten können. Dass die dörflichen Aktivitäten immer nur von einigen wenigen Bürgern und dazu immer denselben getragen wird, bedauerte Lisa Hermann. Ihr Wunsch: „Wie können wir es hinkriegen, dass nicht nur immer dieselben 150 Leute etwas tun im Dorf, sondern alle?“ So sah es auch der Erste Ortsbeigeordnete Heinz-Jürgen Schlösser: „Es sind immer die gleichen Leute, die das Gleiche machen“, sagte er.
Defizite beim gemeinschaftlichen Engagement sieht Ortschef Linscheid vor allem bei den 18- bis 30-Jährigen, die aus seiner Sicht mehr Verantwortung im Dorf übernehmen müssten. „Wir überaltern zunehmend in unseren Entscheidungsgremien“, sagte Linscheid. Angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung möchte er außerdem überlegen, wie sich Hilfe für ältere Menschen organisieren, wie sich ein soziales Netzwerk schaffen lässt. Ein Aspekt, den auch Bettina Krauß aufgriff. Die Gemeinschaft zwischen Alt und Jung sei in Winden nicht „prickelnd“, meinte sie. Nur in der Kirchen, an Kirmes und Karneval kämen die Generationen zusammen, und dann vor allem, wenn es ums Alkohol trinken gehe. „Alles endet immer in einer Sauferei, und ab 22 Uhr hat der Alkohol die Oberhand“, kritisierte sie. Sie hoffe, dass es künftig mehr Veranstaltungen gibt, die „Gehirnzellen erfordern“.
Achim Mertlich verbindet mit der Dorfwerkstatt die Hoffnung, dass es in Winden gelingt, ehrenamtliche Arbeit zu organisieren, um Dinge im Dorf zu erledigen, um die sich sonst niemand kümmere. „Wir sollten eine Aktivengruppe gründen, um Kosten für Handwerker zu sparen“, sagte er. Vorbildlich sei die Rentnerband im Nachbarort Weinähr. Ein besseres soziales Netzwerk schaffen ist das Ziel von Erika Fritsche. Im Dorf gebe es sicherlich viele verborgene Fähigkeiten und Talente, die es zu aktivieren gelte. Zum Beispiel die von Joachim und Antonie von Koblinski, die anboten, Malkurse für Kinder abzuhalten.
Für eine besssere Außendarstellung und dörfliches Marketing sprach sich Heinz Heller aus. Winden sollte versuchen, mehr Touristen in den Ort zu locken. „Zurzeit geht der Touristenstrom noch an uns vorbei“, sagte er. Mehr Werbung für den Dorfladen forderte Annette Heller, die als Angestellte in dem Geschäft arbeitet. Ein verbesserter Bring-Dienst nach Hause könnte die Akzeptanz des Ladens verbessern.

Wünscht sich mehr Aktivitäten der jungen Windener: Ortsbürgermeister Gebhard Linscheid (M.). Bettina Krauß (li.) sprach sich für mehr Begegnungen mit weniger Alkohol aus.
Aber auch das Ausgangsthema des Abends, die Flurbereinigung, kam an diesem Abend zur Sprache. Die beiden Dorfmoderatorinnen zeigten anhand von Beispielen, wie durch Zusammenlegungen von Parzellen, Grenzbegradigungen, Abrissen alter Scheunen oder ungenutzter Gebäudeteile neue Baugrundstücke mitten im Ort entstehen können oder zumindest die Nutzbarkeit von Grundstücken verbessert und mancher Schandfleck im Dorf beseitigt werden kann. Ziel müsse es sein, der Verdichtung im Dorfkern entgegenzuwirken, Platz zu schaffen und damit attraktiv zu werden für junge Familien. Ein Bürger, der mit drei Kindern in einem Haus in der Ortsmitte wohnt, brachte die Problematik auf den Punkt: „Wir wohnen fast alleine im Dorfkern, und ich wünsche mir drei oder vier Familien, die noch hierhin ziehen.“ Er befürchte, dass die Zahl der leerstehenden Gebäude weiter zunimmt.
Die verschwundenen Fußwege im Dorf beschäftigen Edgar Dommermuth, der sich dafür aussprach, solche Verbindungen im Dorf wiederherzustellen. Die Sanierung von Fachwerk und die Verbesserung der Verkehrsanbindungen, vor allem Richtung Westerwaldkreis, hielt Gemeinderatsmitglied Markus Rübsamen für wichtig. Dazu gehöre auch eine bessere Einbindung Windens ins Radwege- und Wanderwegenetz. Zum sozialen Geschehen in Winden hatte Rübsamen, früher einmal Vorsitzender des VfR, eine eher pessimistische Sicht. Es sei schwierig, die Bürger für Veranstaltungen im eigenen Ort zu begeistern. Den Vereinen riet er, weniger Feste auszurichten. „Weniger ist manchmal mehr“, sagte Rübsamen.
Ortschef Linscheid hoffte, dass es gelingen wird, mit Hilfe der Dorfwerkstatt Winden so zu gestalten, dass es für die nachfolgenden Generationen attraktiv ist. „Unser Ziel muss sein, dass aus den 150 Aktivisten 300 werden“, sagte er.
- Die Dorfwerkstatt wird fortgesetzt mit einer Ortsbegehung am Freitag, 19. November, zu der alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen sind. Genaue Uhrzeit und Treffpunkt werden noch bekanntgegeben.
November 9th, 2010 at 9:39 pm
[…] das Büro Steinberger-Scheu aus Kruft soll im Januar beginnen, nachdem es im Oktober bereits eine Auftaktveranstaltung mit reger Bürgerbeteiligung gegeben […]
Februar 24th, 2011 at 8:21 am
[…] Lesen Sie auch den Bericht von der Auftaktveranstaltung. […]