Winden erhält bis 2016 ein neues Kataster
Über die Ziele und Ablauf der bevorstehenden Flurbereinigung hat das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel am Donnerstagabend interessierte Grundstückseigentümer und Bürger im Pfarrheim informiert. Bis zum Jahr 2016 soll die Neuordnung der Grundstücksgrenzen und Grundstückszuschnitte innerhalb eines Großteils der Dorflage und der umliegenden Windener Feld- und Waldgemarkung abgeschlossen sein, erläuterte Theodor Burkhard. Erste Schritte sollen aber noch in diesem Jahr gegangen werden. So wählen zunächst die von der Flurbereinigung betroffenen Eigentümer („Teilnehmergemeinschaft“) einen Vorstand mit einem Vorsitzenden. Bereits abgeschlossen ist die sogenannte „Projektbezogene Untersuchung“, in der eine Bestandsaufnahme der gesamten Ortslage vorgenommen wurde, so Burkhard. Demnach besteht Winden aus einem stark strukturierten, tief eingeschnittenen Tal im Naturpark Nassau, in dem es kaum noch Ackerbau gibt, allerdings Waldwirtschaft und etliche Weihnachtsbaumkulturen betrieben werden.
Das jetzt gültige Kataster für Winden stammt noch aus der Zeit des Herzogtums Nassau und wurde als sogenannte „Nassauer Konsolidation“ in den Jahren 1858 bis 1861 erstellt, sagte Burkhard. Die Verschiebungen der Grundstücksgrenzen im Laufe von anderthalb Jahrhunderten zeige sich zum Beispiel am schlechten Zustand des Wegenetzes, die zum Teil über private Gemarkung führten. Ebenso der Sülzbach, dessen Bett sich mitttlerweile längst aus seinen ursprünglichen Grenzen entfernt hat. Künftig soll der Bach deshalb deutlich großzügiger katastriert werden.
Ziel der Dorfflurbereinigung, so Burkhard, ist es die Grundstücksgrenzen innerhalb der Ortslage neu festzulegen, Überbauten zu beseitigen, die Grenzabstände zu optimieren, um eine bessere bauliche Ausnutzung und Zufahrten zu ermöglichen, sowie Fußwegeverbindungen zu schaffen. All dies soll mit den Eigentümern ausgehandelt werden, um die Interessen möglichst jedes Einzelnen zu berücksichtigen, sagte Burkhard. In der Ortsrandlage geht es vorrangig um folgende Ziele:
– verbessertes Wegennetz,
– Natur- und Landschaftsschutz, um einer Verbuschung entgegenzuwirken. Diese sei häufig eine Folge unklarer Grundstücksverhältnisse,
– Arrondierung der Besitzstände,
– Landbereitstellung für die gemeindliche Planung, zum Beispiel ein sogenanntes „Öko-Konto“,
– Neuvermesssung der Grundstücke und ein komplett neuer Grundstücks- und Katasternachweis,
– Schaffung klarer Rechtsverhältnisse. Davon profitiere auch die Gemeinde, indem deutlich werde, wohin sie ihre Grundsteuerbescheide künftig verschickt. Dabei machte Burkhard klar, dass erfahrungsgemäß zwischen zehn und 20 Prozent der Grundstückseigentümer nicht auffindbar sein dürften.
Die Kosten der Flurbereinigung betragen rund 762.000 Euro, sagte der Fachmann. Die Wertschöpfung, das heißt den Nutzen, der insgesamt aus der Flurbereinigung gezogen wird, bezifferte er mit 1,418 Millionen Euro. Die Verfahrenskosten trägt das Land, die Ausführungskosten gehen zu Lasten der Grundstückseigentümer, allerdings gibt es dafür Zuschüsse von insgesamt bis zu 85 Prozent der zuschussfähigen Kosten. Bei geschätzten Kosten von 1200 Euro pro Hektar in der Ortsrandlage müssten Eigentümer eines hektargroßen Geländes demnach 180 Euro zahlen. Innerhalb der Ortslage schätzt Burkhard die Kosten pro Grundstück auf durchschnittlich etwa 120 Euro. Insgesamt werden auf sämtliche Anlieger Kosten von 40.500 Euro (27 Hektar Ortslage) und 10.260 Euro für 57 Hektar in der Feldmark umgelegt.
Und so sieht der Zeitplan für die Flurbereinigung in Winden aus:
– Nach der Freigabe durch das zuständige Ministerium und dem Erlass eine förmlichen Flurbereinigungsbeschlusses, wählt die Teilnehmergemeinschaft einen Vorstand und einen Vorsitzenden.
– Der schwierigste Akt ist laut Burkhard die – notfalls weltweite – Ermittlung der Grundstückseigentümer und ihrer Erben. Die ist deshalb schwierig, weil viele Einwohner aus dem Nassauer Land Mitte des 19. Jahrhunderts beispielsweise nach Texas ausgewandert sind.
– Anschließend beginnt die Ermittlung der Grundstückswerte mit der Festlegung ihres Verkehrs- oder Tauschwertes. Außerhalb der Ortslage werden sogenannte Wertzonen gebildet, die als Grundlage für den Tausch und die Arrondierung von Besitzständen dienen. Nach einer Neuplanung der Wege und Gewässer folgt eine Neuvermessung der Grundstücke.
– In einem sogenannten Wunschplangespräch können die Grundstückseigentümer ihre Wünsche anmelden. Hier gelte der Grundsatz der „wergleichen Abfindung“, sagte Burkard. Zu 95 Prozent und mehr verliefen diese Gespräche erfolgreich.
– Schließlich erfolgt die Besitzeinweisung und Bekanntgabe im Flurbereinigungsplan.
– Mit einer Ausführungsanordnung, der Berichtigung der öffentlichen Bücher (Grundbücher), der Abrechnung und Schlussfeststellung endet das Flurbereinigungsverfahren.
Burkhard wies darauf hin, dass zwischen zwei und acht Prozent Flächenabzug für Wege und öffentliche Anlagen von den Eigentümern unentgeltlich aufzubringen sind. Ziel seien einvernehmliche Lösungen. Gegen sämtliche der etwa zehn Verwaltungsakte im Zuge der Flurbereinigung hätten die Grundstückeigentümer aber ein Widerspruchsrecht mit Klagemöglichkeit, notfalls bis zum Bundesverwaltungsgericht.
Juli 25th, 2012 at 9:33 pm
[…] bis zum Jahr 2016 ein neues Kataster erhält; darüber wurden die Grundstückseigentümer bereits in einer Versammlung im März informiert. Das Flurbereinigungsverfahren wird vom Land Rheinland-Pfalz finanziell […]